Seit Herbst 2023 liegen die neuen Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Milchkühen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) vor. Die GfE ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern aus allen Bereichen der Tierernährung. Gegenüber den bisherigen Empfehlungen aus 2001 wurden die Konzepte der Energie- und Proteinbewertung völlig neu entwickelt. Beim Protein wird das dünndarmverdauliche Protein (sidP) zur neuen zentralen Kenngröße, bei der Energie wird die Umsetzbare Energie (ME) nun auch in der Milchkuhfütterung entscheidend.
Die beim einführenden Workshop im September 2023 in Hohenheim vorgestellten Präsentationen sind auf der Homepage der GfE abrufbar.
Das 288-seitige Buch „Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Milchkühen“ der GfE ist über den Buchhandel erwerbbar. Es umfasst 12 Kapitel. Neben den Kapiteln zu Energie, Protein, Struktur, Mengen-/Spurenelementen und Vitaminen enthält das Buch ein sehr hilfreiches Verzeichnis der Begrifflichkeiten und Abkürzungen. Und es blickt über den Tellerrand der klassischen Empfehlungen hinaus, betrachtet die Gesundheit der Tiere als Voraussetzung von Leistung und thematisiert die Umweltwirkung durch die Methanproduktion.
Aktueller Umsetzungsstand in Baden-Württemberg
Info Stand Dezember 2024
Das LAZBW ist seit Beginn (und damit meinen wir die Veröffentlichung der neuen Empfehlungen der GfE im September 2023 in Hohenheim) mit dem Thema intensiv beschäftigt, und zwar mit bereits erfolgten zahlreichen fachlichen Informationen an die verschiedenen betroffenen Zielgruppen sowie mit der Sammlung an Erfahrungen durch die Umsetzung im landwirtschaftlichen Lehr- und Versuchsbetrieb des LAZBW. Darüber hinaus ist Frau Dr. Gerster in bundesweiten Arbeitsgruppen aktiv, die sich mit der Umsetzung und Implementierung beschäftigen und dabei untereinander abstimmen.
Hier einige Stichpunkte zum aktuellen Stand der Umsetzungen:
- Für die Koordination der bundesweiten Umsetzung hat die GfE das Zepter an die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft
(DLG) übergegeben, konkret an den Arbeitskreis Futter und
Fütterung. Dort wurden zwei Arbeitsgruppen ins Leben gerufen, die aktuell damit befasst sind, für die Umsetzung in die Praxis
noch offene Fachfragen zu klären. Eine Gruppe ist damit befasst die Proteinversorgung in den Fokus zu nehmen, die andere die
Energieversorgung. Es soll jeweils ein Leitfaden für die Bewertung von Futtermitteln nach GfE 2023 entstehen. In der Gruppe Energie
ist Frau Dr. Gerster vertreten und wurde als deren Sprecherin gewählt. Deshalb sitzen wir in Baden-Württemberg also an direkter
Informationsquelle zu den Entwicklungen in der Umsetzung.
- Ziel ist es im Frühjahr 2025 erste praxistaugliche Hilfen für die Umsetzung von GfE 2023 in der Praxis
bereitzustellen (Rationsempfehlungen etc.). Konkretes Beispiel: die aktuelle DLG-Empfehlung Information
1/23 zur Rationsoptimierung und Fütterungskontrolle bei Milchkühen wird überarbeitet und an die Neuerungen
angepasst.
- Die DLG-Gremien haben auch die Futtermittellabore im Blick – insbesondere im Bereich Protein werden zukünftig
neue Analysemethoden notwendig.
- Von der DLG wurden außerdem die Firmen, Anbieter von Rationsprogrammen etc. kontaktiert, um sie über die
Neuerungen zu informieren. Denn ja, wir werden auch in Zukunft ein Rationsberechnungsprogramm brauchen. Wer in den Wettbewerb einsteigt und
eine Lösung anbieten wird, das wird sich zeigen. Darüber hinaus hat die DLG ein Treffen mit weiteren Stakeholder im Herbst 2024
organisiert, um über die Änderungen zu informieren (Verlage von Fachbüchern, Betriebswirtschaftler etc.).
- Das LAZBW Rationsberechnungsprogramm UniRat basiert auf
Excel. Die neuen Empfehlungen bauen auf einem in Abhängigkeit von der Futteraufnahme variierenden Energie- und
Proteinlieferungsvermögen des Futters auf. Dieses Konzept ist in Excel nicht mehr darstellbar. Ziel sollte auch nicht sein, dass jedes
Bundesland bei null anfängt und eine individuelle Lösung erarbeitet (was wir von Seiten LAZBW auch personell gar nicht leisten
könnten). Deshalb wird es wohl in die Richtung gehen, dass wir uns, wie schon einige Bundesländer vor uns, den Bayern
anschließen werden. Sie arbeiten bereits an einer Anpassung ihres Zifo2-Programmes.
- Uns ist sehr wohl bewusst, dass die Änderungen in vielen Bereichen zu Dominoeffekten führen werden. Wir am
LAZBW sehen es als unsere Aufgabe an die fachlichen Inhalte zu übermitteln, diese Effekte vorauszudenken, das Verfahren zu begleiten,
Umsetzungstermine zu empfehlen und soweit uns das möglich ist auch gegebenenfalls etwas zu steuern. Deshalb haben wir zahlreiche
Personen und Gruppen in Baden-Württemberg, die von den Änderungen betroffen sein werden, bereits auf diese hingewiesen: den
Bildungsreferenten am MLR Referat 28; das Referat 26 Tierzucht, Tierhaltung am MLR; das Kultusministerium (Berufsschulen); die LEL
(betroffen sind Fortbildungen, Planungsdaten, Betriebsanalysetools); die Fachschul- und Berufsschullehrer; die Bildungsreferenten an den
Regierungspräsidien sowie die Prüfer, Ausbilder; die Beratungsorganisationen; die Kolleginnen und Kollegen an den Ämtern,
unsere Kollegen am LAZBW im Grünland und Futterbau….
Bitte beachten Sie: Das Ziel lautet nicht, im Herbst 2025 umgesetzt zu haben. Das Ziel lautet vielmehr: ab Herbst 2025 so weit zu sein (die Hilfsmittel und Werkzeuge etc. zu haben) um Schritt für Schritt in die Umsetzung gehen zu können.
Und ACHTUNG! CNCPS ist kein Tool in der Umsetzung der neuen Versorgungsempfehlungen der GfE 2023, sondern wurde in den USA entwickelt und dient der Umsetzung der dortigen Fütterungsempfehlungen.
Zu guter Letzt der Hinweis, auf unsere online-Veranstaltung am 06.03.2025: „Online: Milchkuhfütterung: Die neuen Versorgungsempfehlungen der GfE – wie ist der aktuelle Stand? Wie geht es weiter?“. Melden Sie sich gerne an, um sich auf den aktuellen Umsetzungsstand im Frühjahr 2025 bringen zu lassen: Hier gelangen Sie zur Anmeldung.
Bei Fragen können Sie sich gerne an uns wenden.
Dr. Elisabeth Gerster