Artensterben und Klimawandel stellen die Landwirtschaft jedes Jahr erneut auf die Probe. Neue Strategien der Landnutzung sind nicht nur notwendig, sondern unerlässlich für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Im Vordergrund stehen in diesem Projekt der Anbau von Mischkulturen wie Untersaaten oder Gemenge im Vergleich zum Reinsaatanbau, sowie der Zwischenfruchtanbau. Ein Begleitmonitoring in welchem Boden-, Pflanzen- und Biodiversitätsparameter überwacht werden, soll Erkenntnisse zu den möglichen Vorteilen des artenreichen Anbaus liefern.
Hintergrund
Im Jahr 2018 wurde 100 ha (70 ha Ackerland, 30 ha Grünland) vom Land Baden-Württemberg als Versuchsflächen an das Landwirtschaftliche Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) in Aulendorf übertragen. Ziel war es auf den Ackerflächen, innovative und zukunftsfähige Pflanzenbausysteme zu entwickeln und zu testen. Positive Effekte auf Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität sowie Ertragsstabilität zeigen sich erst nach Jahrzehnten, daher sollen die Versuchsflächen langjährig und kontinuierlich auf die gleiche Weise bewirtschaftet werden.
Forschungshypothese: Mischkulturen und winterharte Zwischenfrüchte tragen zur Förderung von Bodenfruchtbarkeit und insgesamt zur Steigerung der Nachhaltigkeit und Klimaresilienz von Pflanzenbausystemen bei.
Laufzeit: 2018-2026
Bei dem Projekt handelt es sich um einen "On Farm-Praxisvergleich" und nicht um einen kleinräumigen Parzellenversuch. Es geht um die praktische Umsetzung von pflanzenbaulichen Elementen der regenerativen Landwirtschaft mit dem Schwerpunkt auf dem Anbau von Mischkulturen. Zusätzlich geht es um ein wissenschaftliches Begleitmonitoring von Pflanzen-, Boden- und Biodiversitätsparametern. Maßnahmen zur Herbizidreduktion, über eine chemisch-mechanische Unkrautbekämpfung und eine bodenschonende, humusaufbauende und CO2-einsparende Grundbodenbearbeitung, wurden vor Ort getestet. Es werden eine Vielzahl an Elementen der schlagintegrierten Biodiversitätsförderung, wie auch ein entsprechendes Begleitmonitoring zur Erfassung potentieller positiver Effekte durchgeführt.
Zwischenfrüchte allgemein werden zwischen zwei Hauptkulturen als Gründünger oder auch zur Futternutzung angebaut. Diese Mischungen setzen sich aus unterschiedlichen Pflanzenkomponenten zusammen. Der Anbau von winterharten Zwischenfrüchten beschreibt eine Mischung aus Pflanzen, welche über die kalten Wintermonate nicht absterben und somit bis in das Frühjahr grün auf dem Acker stehen. Eine abfrierende Zwischenfrucht bedeutet, dass die Pflanzenmischung bei Frost und kalten Temperaturen abstirbt und verwelkt. Zwischenfrüchte binden Nährstoffe über den Winter und schützen diese so vor Auswaschung ins Grundwasser. Bei der Integration von Leguminosen kann zusätzlich Luftstickstoff fixiert werden, welcher von der Nachfrucht verwendet werden kann. Durch die Durchwurzelung des Bodens und der erhöhten biologischen Aktivität im Boden wird die Bodenstruktur und die Bodenfruchtbarkeit gefördert.
Der Gemengeanbau oder auch Mischanbau beschreibt den Anbau von mehreren Arten (mindestens zwei) gemeinsam auf einem Acker. Bedeutet, gleichzeitige Aussaat und gemeinsame Ernte der Kultur. Auf den Projektflächen wird im Gemenge Hafer, Ackerbohne und Leindotter angebaut, sowie Lupine-Hafer. Um Vergleiche zur Reinsaat ziehen zu können, etablieren wir auf den Vergleichsflächen Ackerbohne in Reinsaat.
Ein Mehrwert des Gemengeanbaus ist es einerseits die Bodenfruchtbarkeit zu fördern, andererseits wirkt sich ein Gemengeanbau durch eine bessere Klimaresilienz auf die Ertragsstabilität aus. Das gedroschene Erntegut findet in der Fütterung auf dem Atzenberg Verwendung. Somit kann eine wertvolle heimische Eiweiß- und Kohlenhydratkomponente in der Rinderfütterung eingesetzt werden.
Bodenfruchtbarkeitsfördernde Wirkung:
- Verbesserung der Bodenstruktur (Verbesserung der Wasserstabilität von Bodenaggregaten und somit des Luft- und Wasserhaushalts des Bodens),
- Förderung pflanzenbaulich relevanter Symbiosen zwischen Pflanze und Bodenmikrobiom,
- Zunahme der mikrobiellen Biomasse.
Verbesserung der Klimaresilienz:
- Reduktion von Bodenerosion,
- Reduktion von Bodentemperatur durch dichteren Bewuchs,
- Erhöhung der Wasserspeicherung.
Biodiversitätsförderung:
- Gesteigertes Blühangebot für Bestäuber (Ackerbohne, Leindotter),
- pflanzliche Vielfalt erhöht Vielfalt und Menge an zucker- und eiweißhaltigen Wurzelausscheidungen, damit wird das Bodenleben ernährt.
Umgesetzte Maßnahmen beinhalten:
- Die blühende Untersaat mit weiter Reihe im Getreide (FAKT E13.2),
- die Rotationsbrache (FAKT E7),
- die mehrjährige Brache (FAKT E8),
- die mehrjährige Biogasmischung (FAKT E14).
Dies sind FAKT förderbare Maßnahmen. Für genauere Informationen zu Mischungspartnern und Umsetzung siehe folgenden Link.
Bei einer Untersaat handelt es sich um die Etablierung einer zweiten Ackerfrucht gemeinsam mit der Hauptkultur auf dem gleichen Acker. Die Aussaat muss nicht zeitlich nah aufeinander erfolgen. Auch eine Frühjahresaussaat bei Wintergetreide ist möglich, wenn es die Witterung zuvor nicht zulässt. Untersaaten sind meist niederwüchsiger als die Hauptkultur und werden zunächst von dieser eingeengt und beschattet. Sobald die Hauptkultur abgeerntet wird, bekommt die Untersaat Licht und Platz. So wächst, begrünt und durchwurzelt sie bei ausreichend Niederschlag den abgeernteten Acker.
Bei der blühenden Untersaat im Getreide (FAKT E13.2, förderfähig) soll zusätzlich ein Angebot an Blühpflanzen für Insekten und das Bodenleben geschaffen werden. Zweck ist es eine in der Hauptkultur integrierte blühenden Mischung auf dem Acker zu haben. Diese gezielte Einsaat von Blühpflanzen fördert die Biodiversität des Standortes in Bezug auf Flora und Fauna.
Im Mais (Silomais) wird als Untersaat ein Gemenge aus Stangenbohne, Malve und Sonnenblume eingesetzt. Die Aussaat erfolgt in zwei Arbeitsgängen. Sonnenblume und Kulturmalve wird in Breitsaat (erster Arbeitsgang) ausgebracht und Mais mit Stangenbohne in einem zweiten Arbeitsgang in Einzelkornsaat.
Brachebegrünung (FAKT E8, förderfähig) ist eine mehrjährige Blühmischung. Der mehrjährige Aspekt ist besonders wichtig für die Etablierung von Wildpflanzen in der Mischung. Die Brache bietet Nahrung und Lebensraum (Rückzugsort und Überwinterungsmöglichkeit) für Insekten und Bodenlebewesen.
Beetle Banks auch „Insektenwall“ genannt, sind ein angelegter Wall aus einer Mischung mit Horstgräsern sie werden am Rand oder innerhalb eines Schlages als Grenze angelegt. Sie sollen nicht nur Insekten einen Lebensraum bieten, sondern auch für Vögel als Nahrungs-, Brut- und Aufzuchtshabitat fungieren.
Anlage von extensiven mehrjährigen Biogaswildpflanzenmischungen (FAKT E15 bzw. E14, förderfähig).
Ertrag: Bis zu 40 dt/ha
Verwendung: Regionale Eiweißquelle in der Milchviehfütterung
Aussaatstärken: Ackerbohne 30 Körner pro m2, 15kg/ha Hafer, 2 kg/ha Leindotter
Aussaattechnik: Scheibenegge, plus Feinsämereienstreuer (Hafer + Leindotter), Einschlitzen der Ackerbohne im zweiten
Arbeitsgang mit Sämaschine „solo“ gefahren
Ablagetiefe: Leindotter-Hafer, 2-3 cm, Ackerbohne 8 cm
Ertrag: Bis zu 36 dt/ha
Verwendung: Hochwertige regionale Eiweißquelle in der Milchviehfütterung
Aussaatstärken: 200 kg/ha bitterstoffarme Lupine, 15 kg/ha Hafer
Aussaattechnik: Scheibenegge, plus Feinsämereienstreuer zur Aussaat des Hafers, Einschlitzen der Lupine in zweiten
Arbeitsgang mit Sämaschine „solo“ gefahren
Ablagetiefe: Hafer, 2-3 cm, Lupine, 8 cm
Träger des Projekts ist das Ministerium
für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg. Durchgeführt wird das Projekt vom
Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg in Aulendorf, Referat 23 „Management, Digitale Landwirtschaft, Lehr- und
Versuchsbetrieb“.
Helen Probst